Lesejahr C – 3. Fastensonntag Lk 13, 1-9
Den Sünder straft das Gericht
Das heutige Evangelium stellt den Hörer vor eine Herausforderung besonderer Art. Denn die Leute, die da zu Jesus kamen, waren offenbar der Auffassung, zwar sei ein schreckliches Geschehen zu beklagen, bei dem Pilatus gläubige Juden sogar beim Gottesdienst habe erschlagen lassen, doch sei diese Bedrohung wohl für einen selbst nicht ganz so dramatisch, da es sich doch wohl, so die Annahme seiner Hörer, um Sünder gehandelt haben müsse, die da so grausam ums Leben kamen.
Statt nun – aus heutiger Sicht doch wohl angemessen – die Zuhörer von der Dummheit ihrer Annahme zu überzeugen, setzt Jesus noch einen drauf: er leugnet weder die Sündhaftigkeit der Opfer, noch, dass es dann wohl die gerechte Strafe sein musste, die sie ereilt hat. Vielmehr steigert er die Katastrophe noch, indem er uns die Konsequenz vor Augen stellt: und Ihr Sünder, Euch wird es genauso ergehen, so in Sünden verstrickt, wie auch Ihr seid.
Ein Paukenschlag. Und wie es bei Jesus so geht: Statt nach dieser Ohrfeige etwas Trost zu verteilen, steigert er die Drohung abermals, indem er auch die harmlosen Passanten am Teich Shiloah anführt, die ihr Leben beim Einsturz des Turmes verloren haben, wofür sie zwar wohl sicherlich nichts konnten, was aber nun einmal auch die Folge ihrer Sündhaftigkeit gewesen sein wird. Und nun? Wie stehen wir mit einem solchen Text da, der uns heute wohl die Opfer des Erdbebens in Haiti oder des Terroranschlags in New York als Empfänger ihrer gerechten Strafe vor Augen führen würde? Man mag gar nicht daran denken, wie dieser Mechanismus der Sünde und ihrer gerechten Strafe unser Gottesbild beeinflusst hat, uns Angst gemacht hat vor der Begegnung mit dem Gott, der die kleinen, lässlichen Fehler unseres Alltags zum Anlass grausamer Schicksalsschläge nimmt. Und – wie es ein bei Google prominent platzierter Kommentar formuliert – : Der Tun-Ergehen-Zusammenhang wird in der Bibel grundsätzlich nicht in Frage gestellt (Franz Jung).
Ist das so? Ist nicht das Gegenteil der Fall? Ist nicht dieser grauenhafte Zusammenhang am Karfreitag durch Jesu Sterben selbst ad absurdum geführt? Zeigt nicht dieses Beispiel vollkommen schuldlos erlittener Strafe, dass dieser Zusammenhang nicht existiert und lediglich ein fehlgeschlagener Versuch unseres Verstandes ist, etwas Ordnung in das Chaos zu bekommen, um wenigstens nicht ein blindes Schicksal fürchten zu müssen. Denn so wie Jesus ohne Sünde die letzte Strafe der Gottverlassenheit erleiden musste, ohne dass er uns im Letzten erklärte, warum denn dieses sinnlose Leid in der Welt sein muss, so löst er in der Rede vom Gericht das Rätsel um die Strafe als Folge der Sünde nicht auf. Aber ebenso, wie er uns am Kreuz in unsere eigene letzte Verlassenheit begleitet, so schenkt er – im nächsten Abschnitt unserer frohen Botschaft – als Winzer noch ein Jahr der Umkehr, ja er lockert die Erde um unsere Wurzeln, er sorgt für Wasser und Dünger: er klärt nicht alle Fragen, die wir heute noch nicht verstehen können (Joh 16, 12), aber er ist bei uns und für uns da.
Ich wünsche Ihnen eine gute Woche, in der sich nicht jede Frage ohne Rest klärt, in der Sie aber immer Seine Nähe spüren mögen.
Ihre Katharina Nowak
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